Unter dem Begriff “Vorweggenommene Erbfolge” versteht der Bundesgerichtshof die lebzeitige “Übertragung des Vermögens (oder eines wesentlichen Teiles davon) durch den (künftigen) Erblasser auf einen oder mehrere als (künftige) Erben in Aussicht genommene Empfänger”. Die Gründe für solche lebzeitigen Übertragungen können ganz unterschiedlich sein – so wollen entweder die Eltern ihre Kinder absichern oder ihr Vermögen auf die Kinder verteilen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden oder das Familienunternehmen soll an die nächste Generation übertragen werden.
Häufiges Motiv bei der Nachlassplanung ist aber auch, den künftigen Nachlass zu schmälern, um Pflichtteilsansprüche zu minimieren oder schlicht das Vermögen möglichst unter mehrfacher Ausnutzung des Erbschaftssteuerfreibetrages zu übertragen. So bestimmt § 14 Abs. 1 ErbStG, dass mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile in der Weise zusammengerechnet werden, dass dem letzten Erwerber die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet werden. Dies bedeutet wiederum, dass man alle zehn Jahre im Rahmen des jeweils gültigen Steuerfreibetrages Vermögensübertragungen steuerunschädlich vornehmen kann!
Dabei sollte der Schenker aber auch seine eigene Altersvorsorge nicht aus den Augen verlieren. Daher erfolgen die meisten Übertragungen gegen Einräumung eines so genanntn Nießbrauchs, eines Wohnungsrechts oder einer Renten- oder Pflegeverpflichtung. In der Praxis verbreitet sind auch häufig Rückforderungsklauseln, die unter bestimmten Umständen dem Schenker einen Anspruch auf Rückübertragung einräumen (etwa für den Fall des Vorversterbens, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder Insolvenz etc.). Zu bedenken ist auch bei der Nachlassplanung, dass solche lebzeitigen Zuwendungen Einfluss haben auf einen möglichen Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsanspruch der enterbten Abkömmlinge.