Wer seine Karte für das kontaktlose Bezahlen verliert, hat grundsätzlich ein Problem. Doch haftet er auch bei Missbrauch ?
Verliert man seine Bankkarte, ist der Ärger grundsätzlich groß. Noch ärgerlicher wird es dann, wenn festgestellt wird, dass Geld vom Konto abgehoben worden ist. Wenn eine Zustimmung des Kontoinhabers vorliegt, spricht man von „unautorisierten Zahlungsvorgängen“.
Wer haftet bei Missbrauch ?
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte in seiner Entscheidung vom 11.11.2020 (AZ: Rs. C 287/19) über einen solchen Sachverhalt zu entscheiden. Ein österreichischer Verbraucher, Bankkunde bei der Deniz-Bank, bemerkte, dass sein Bankkarte verschwunden war. Es handelte sich hierbei um eine Karte, mit der das kontaktlose Zahlen möglich war, mithin verwendete er also die so genannte Nahfeldkommunikationsfunktion (NFC). Diese Art von Bankkarten verlangen beim Bezahlen bei Beträgen bis zum EUR 25,00, teilweise bis zu EUR 50,00 keine Eingabe eines PIN-Codes mehr.
Der Kunde meldete den Verlust seiner Karte, trotzdem wurde mit dieser noch Zahlungen vorgenommen ! Die Bank verweigerte den Schadensausgleich.
Insoweit besteht natürlich die latente hohe Gefahr bei Abhandenkommen der Gefahr, dass der „Finder“ die Karte für kostenloses Einkaufen missbraucht. Die Frage war: wer haftet hierfür – die Bank oder der Kunde ?
Urteil des EuGH eindeutig ….
Im zugrundeliegenden Fall hatte der österreichische Verein für Konsumenteninformation (VKI) gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der türkischen Deniz-Bank geklagt. Darin schließt die Bank eine Haftung für nicht-autorisierte Zahlungen mit kontaktlosem Bezahlen aus. Zudem schiebt sie dem Kontoinhaber bei Verlust der Karte das Risiko eines Missbrauchs zu, vor allem mit der Begründung, eine Sperrung der NFC-Funktion bei Verlust der Karte sei nicht möglich.
Im Prozess vor dem Obersten Gerichtshof Österreichs bestritt die Deniz-Bank „das Vorbringen des VKI, dass eine solche Sperrung technisch möglich sei“, dem EuGH zufolge allerdings nicht (mehr).
Bedeutung über den Einzelfall hinaus …
Die Entscheidung des EuGH hat auch über den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung, jeder Bankkunde innerhalb der Europäischen Union kann sich hierauf berufen ! Die Bank kann sich nicht aus der Verantwortung ziehen, indem sie das Risiko von missbräuchlichen nicht-autorisierten Zahlungsvorgänge dem Kunden auferlegt.
Dies entspricht auch der deutschen Rechtslage, die in § 675 v Abs. 5 BGB regelt, dass der Kunde nach der Anzeige eines Kartenverlustes nicht mehr für etwaige Schäden aufkommen muss !
Die Luxemburger Richter stellten nun klar, dass es sich beim kontaktlosen Zahlen zwar um ein anonymisiertes Zahlungsinstrument im Sinne der entsprechenden EU-Richtlinie handele und dies der Bank Haftungserleichterungen ermögliche. Aber die Bank könne nicht einfach behaupten, das Sperren der Karte sei technisch unmöglich, obwohl dies nachweislich falsch sei !
Der Kunde müsse den Verlust oder die missbräuchliche Verwendung der Karte unverzüglich und kostenlos melden können. Nach dieser Meldung dürfen keine finanziellen Folgen für den Kunden entstehen – es sei denn, er habe in betrügerischer Absicht gehandelt.
Es lohnt sich also immer, den Einzelfall zu betrachten.
Die Kanzlei ZAGNI Rechtsanwalt besitzt hierbei langjährige Erfahrung mit solchen Vorgängen und unterstützt Sie gerne bei Streit mit Ihrem Kreditinstitut hinsichtlich der Haftung.
Patrick M. Zagni